Mittwoch, 20. Juni 2012

Die Reise ist vorbei, der Monsoon hat begonnen, die Hitze ist vorüber, die Uni kann beginnen: Indien überwältigt, mir lässt es keine freie Minute, trotzdem will ich hier ein paar (willkürlich zusammengestellte) Bilder teilen und etwas über dieses nicht-zu-fassende Land berichten, das mir in den vergangenen anderthalb Monaten soviel gezeigt und gelehrt hat.



Hier noch eine Schnellzusammenfassung von der Reisevorbereitung

















Was unterscheidet diesen indischen Hindu (links) und dem omanisch muslimischen Fischer (rechts) voneinander? Die Menschen im Oman sind ihrem Sultan unterworfen und müssen seinem Verständnis von Recht und Ordnung vertrauen. Indien hingegen ist die größte Demokratie der Welt. Die Menschen werden vor dem Gesetz gleich behandelt und  Politiker werden alle paar Jahre neu gewählt. Jedoch sind beide Länder Opfer der Korruption, Politiker bereichern sich, Polizisten sind nicht Freund und Helfer, sondern immer auf der Lauer nach Bakschisch.

So bunt wie dieser Marktstand für Bindifarben und Duftöle sind auch die Inder selbst: Mehr als 850 Sprachen und noch mehr Dialekte werden von den mehr als 1,2 Mrd Menschen gesprochen. Dabei können nur ca. 40% die nationale Sprache Hindi verstehen und noch nicht mal 5% fließend in Englisch kommunizieren. Zudem hat jeder Staat seine eigenen Traditionen und kulinarischen Vorlieben. Während in Andhra Pradesh gerne scharf, fettig und mit viel Reis gegessen wird, mögen es die Nord-Inder lieber mild und gerne mit Naan (Brot). Zuletzt sehen Inder alle sehr unterschiedlich aus. Die vermeintlich vielen chinesisch aussehenden Menschen sind Nord-Ost-Inder und das "Haut-Farbspektrum" reicht von leicht gebräunten Kashmirern bis dunkel schwarzen Südindern. Bindis sind übrigens die aufgemalten Punkte zwischen den Augen, die das energetische dritte Auge symbolisieren und früher als Zeichen verheirateter Frauen benutzt wurden. Heute gibt es Bindis in allen Formen und Farben und sie werden auch von unverheirateten Frauen als Schmuck verwendet.

Bettelndes Kind, das die Hand für ein paar Rupien oder einen Fruchtsaft aufhält. 300 Millionen Menschen in Indien müssen mit weniger als 1 Euro pro Tag auskommen, das bekommt man deutlich zu spüren...kein Tag vergeht, wo wir nicht mit schlechtem Gewissen den Kindern die erhoffte Hilfe von den reichen Weißen verwehren. Wir geben dafür lieber Bananen oder Stifte. Insbesondere bettelnde Kinder sollen nicht durch die "schnelle Rupie" ermutigt werden zu betteln anstatt zur Schule zu gehen. Trotzdem...was bleibt sind Gewissensbisse.


Hüttensiedlungen bzw. Slums aus Stoff-,Müll- und Plastikresten befinden sich überall am Straßenrand. Oft sind es nicht mehr als 10-20 Hütten. Allein in Hyderabad soll es davon mehr als 2000 geben in denen mehr als 2 mio Menschen leben. 


Ein Thali vor dem Verzehr. Zu dem Reis und den unterschiedlichen Brotsorten gibt es verschiedene Currys - serviert auf einem Bananenblat. Gegessen wird natürlich mit der Hand. 


Eingangsbereich zu einem Tempel gesäumt von allerlei verschiedenen Shops. Vom billigen Plastikschrein bis zur goldenen Ganeshastatue kann man hier alles kaufen. Schlafende, essende und überall hinspuckende Inder trüben die Ehrhabenheit dieses prunkvoll verzierten Tempels.


Am Strand von Kerala. Keine Spur von westlichen Touristen. Überhaupt sind wir verblüfft wie selten wir mal Weiße sehen. Alleine ist man aber trotzdem nicht. Der Strand ist voll von Menschen beim Picknick mit der Großfamilie, Kindern beim Cricket spielen, indischen Bisons und vereinzelten Kamelen. Bei der Strömung und den hohen Wellen traut sich niemand ins Wasser. Auch gute Schwimmer sollen hier schon ertrunken sein.


Straßenstände bestimmen das Leben und sind beim Blick aus dem Tuktuk allgegenwärtig. Das blutrote Ziegenfleisch hängt vom Dach, die Zwiebeln schwimmen im Wasser. Man weiß nicht wie lange die frittierten Chillyschoten und die scharfen Masalas schon in der Hitze stehen. Zum Glück essen wir kein Fleisch!



Frischer Ingwer, Kurkuma, Okraschoten, grüne und rote chillys, Koriander, Amlas, Chowlys und viele andere Gewürze kennt man hier.


Im Zug kann es oft eng werden. Inder sind zwar alle klein, aber es gibt einfach auch unfassbar viele. Dieser Zug war schon für die nächsten 1 1/2 Monate ausgebucht. Oft hat man dann keine andere Wahl als im streng reglementierten Ticketschalter mit ausreichend Geduld noch zu versuchen Stehplätze zu bekommen. Stehend bei  39°C und 20 cm² platz kann man die grandiose Aussicht natürlich nur noch halb genießen. 





Um 19 Uhr wird es dunkel. Der träge Verkehr zur Rushhour zieht sich nun schon mindestens eine Stunde. Elegant zwängen sich die kleinen Rikschas durch den heillosen Trubel. In spätestens 4 Stunden kommt die Stadt zur Ruhe. Die Straßenstände rollen in kleine Seitengassen, die Bettler legen sich vor die geschlossenen Geschäfte. Überall gibt es jetzt kleine Müllhäufchen, jeden Tag aufs neue zusammengefegt und vereinzelt angezündet damit am nächsten Tag wieder genug Platz für den endlosen Müll ist. 





 
 Ruinen  aus dem Vijayanagar Imperium des 13. Jhd.

Nur kurz vor unserer Ankunft am UNESCO Weltkulturerbe in Hampi Basar wurden die Menschen vor Ort Opfer unüberlegter und willkürlicher Politik. In einer Spontan-Aktion der örtlichen Regierung wurden die Häuser und Shops vieler Einwohner zerstört, die offenbar illegal errichtet wurden. Die kleinen übriggebliebenen Gästhäuser und Geschäfte am Rande der Tempelruinen geben Hampi eine ganz besondere familiäre Atmosphäre.


Häuser sind immer bunt angemalt, oft wohnen Großfamilien mit Ihren Kindern und Enkeln, deren Männer und Frauen und wiederum deren Kindern zusammen.  

Die Backwaters von Kerala sind zwar voller grüner Palmen, blau-roten Kingfischern und Lotusblüten, jedoch muss sich Mutternatur diese beeindruckende Landschaft mit nicht zu wenigen, wenn auch noch traditionell lebenden, Indern teilen. Im Mittelpunkt alledem stehen die braunen ruhig dahintreibenden Kanäle. Kinder schwimmen im Wasser während die Mütter am Ufer die Wäsche ausschlagen. Männer suchen nach den letzten Fischbeständen und die (meisten) Touristen lassen sich auf Luxus-Hausbooten durch die Kanäle schiffen.




 
Chinesische Fischernetze aus dem 15. Jhd. an der Küste von Cochin. Der lamgsame Rhythmus der schwingenden Netze lenkt ab von dem harten leben der Fischer, die sich Motorbote und moderne Ausrüstung nicht leisten können. Alle 3 Minuten wird von 6 Männern an den Steinen gezogen, während sich auf der anderen Seite das Netz mit den erhofften Fischen erhebt. 






Um es kurz und schmerzlos zu machen: Uns geht es gut, die Uni läuft viel besser als erwartet und Indien ist weiterhin faszinierend. Demnächst auch mit Fotos vom Campus etc.


Alvida und Gute Nacht,
Alex